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WIEN
Gemüse (und Wein. Und Schwein)

 

9. Mai 2016

Schaumamoi Nr. 2 oder: dreckig U-Bahn fahren

 

Wenn ich Fahrzeuge der Wiener Linien betrete, bin ich bei der U-Bahn beispielsweise nicht nur „achtsam“, was den Spalt zwischen Türe und Bahnsteig anbelangt, sondern achte ich auch noch halbwegs auf mein Äußeres. Auch wenn sich zwischen mir und einem Sein wie aus dem Ei gepellt noch einige Spalten auftun, so wage ich doch zu behaupten, generell einen eher sauberen Eindruck zu machen, und bin umgekehrt selbst immer erleichtert, wenn ich neben niemandem allzu verranzten zu stehen oder sitzen komme.

 

Daher war ich also fast ein wenig betreten, als es daran ging, nach dem Tag meiner 2. Location-Besichtigung für das Landwirtschafts-Projekt mit den Öffis wieder in die Stadt retour zu fahren. Hatte ich doch noch wenige Stunden zuvor mit gerade eben ihrem Schlammbad entstiegenen Mangalitza-Schweinchen gekuschelt und war auf den Knien über ein paar Reihen Gemüseacker gerutscht, um von einem Tomatenstaudeneinpflanzloch zum nächsten zu gelangen.

 

Aber – ACH! – wisst ihr was? Es stellte sich heraus, gar herrlich befreiend, entrückend und beglückend zu sein, so nonchalant beerdet und innerlich geerdet zwischen auf saubere und andere Eindrücke bedachten Großstadtpflänzchen zu hocken, und unbekümmert meines Weges zu gondeln. Wenn es nicht gar Neid auf die Freiheit, die ich mir nahm, war, den ich auf den Gesichtern hinter dem von mir mitgeführten Tomatenpflänzchen hervorblitzen sah.

 

Auf alle Fälle werde ich 1. leicht dreckigen Passagieren der Wiener Linien künftig nicht mehr naserümpfend, sondern verschwörerisch zuzwinkernd begegnen, und 2. meine schmutzigen Schuhe in der Zwischenzeit gar nicht mehr putzen – denke ich doch, gar nicht mehr länger rumschauen zu müssen, sondern jetzt dann auf dem herrlichen Schauplatz Nr. 2 einfach machen zu können. Sehr befreiend, das alles. 

 

6. Juni 2016

Dammamoi vs. Verstrickungen

 

Ach Kinder! Das war ja mal wieder ein Wochenende. Eines von der zacheren Sorte. Wie passt das eigentlich zusammen, fragt man sich, Wochenende und Zachheit? Herrschen doch quasi paradiesische Zustände, mit Zeit und Muße, um sich mal wieder den Herzensangelegenheiten zuzuwenden. Zum Bleistift: der Ausarbeitung von Ideen für das Blog. Um mal wieder was aus sich selbst heraus zu schaffen, und so.

 

Aber dann, dann passiert doch glatt folgendes: Nichts. Und das ist ein großes Unglück. Obwohl die Idee, der Task, die Aufgabe, das To Do, so klar und deutlich vor der Nase liegt wie der Kloß in der Brühe, wird nichts damit gemacht. Stattdessen wird nur gedacht, gewartet, gegessen, gemockt, geschlafen, gehofft, und man verstrickt sich so irgendwie willen-, energie- und ziellos in Gedanken und Gefühle – nur leider nicht mit der Gegenwart.

 

Dass sowas öd ist, dachte ich mir letztens auch im Weingarten. Wo ich einen Strickpullover trug, und parallel dazu zum ersten Mal in meinem Leben „einstrickte“. So nennt man das, wenn man junge Äste der Weinstöcke zwischen zwei gespannte Drähte steckt, damit sie nicht vom Wind umgeknickt werden.

Stundenlang ging und stand und strickte ich mich so also durch die Weinstockreihen, mit der Sonne sanft im Rücken, dem Wind raschelnd im Geäst, dem Blick weit überm Land, auf allen paar Metern unbekümmert vor sich hinkopulierende Marienkäferpärchen auf den Weinstöcken – insgesamt alles sehr schön und lebendig und echt also.

 

Aber plötzlich entrissen sie mich auch da wieder der Gegenwart: Hirngespenster, die einen auf wichtig machten, und die jetzt bitte schön gern mal wissen würden, was genau man hier überhaupt macht, warum man das macht, wie es mit dem Rest zusammenhängt, wohin das genau führen soll, wie man also eigentlich leben will – woraufhin man nur entschuldigend mit den Schultern zucken kann, die Arme mutlos sinken lassen, sich klein und unsicher fühlen und an Tagen mit Unregelmäßigkeiten im Hormonhaushalt auch gleich noch ein bißchen weinen möchte.

 

So ein Quatsch aber auch! Nein, man muss sich von denen echt nicht immer aus dem Moment und der dazugehörigen Aktion herausreißen, sich vom Machen aufhalten und stattdessen alles in Frage stellen lassen – nur, um am Ende dann nicht mal eine Antwort zu finden, sondern gleich gar nichts zu machen. Wenn man mal Entscheidungen getroffen hat, darf man sich wohl auch einfach mal auf's machen konzentrieren. Also: den Fokus schärfen, die Muskeln anspannen, den Plan verfolgen, das Leben führen, Wege gehen und dabei einfach mal ein bißchen Strecke machen – ohne sich auf dieser ständig von diesen Hirngespenstern, und damit also sich selbst aufhalten zu lassen. Oiso: dammawos!

 

 

Actually doing the things I set out to do increases my overall level of satisfaction. 

 

Der Sagmeister Stefan hat's a scho oiwei gsogt!

Aus: Happy. MAK Wien Ausstellungskatalog.

 

 

P.S.: Wer auch mal in „meinem“ Weingarten stehen und die Früchte der Arbeit der Lieben vom Biohof Nº5 probieren mag, dem lege ich doch glatt folgende Termine für den "Buschenschank im Weingarten" ans frühlingstolle Herz: 

 

18. (da steh i hinter der Schank!) und 19. Juni 2016

16. und 17. Juli 2016

24. und 25. September 2016

1. und 2. Oktober 2016

Jeweils samstags ab 14 Uhr, sonntags ab 11 Uhr

 

14. Juni 2016

Wie ich eines schönen Morgens ein Selfie mit einem Strauß machen wollte

 

Ach diese magischen, darbo Fruchtikus artigen Momente voll der Poesie! Es gibt sie im richtigen Leben eh auch. Das Setting dafür:

 

Links: der arbeitstechnisch heute vor mir liegende Gemüseacker

 

In der Mitte: ich, sicherheitshalber unter einem leichten Film aus Sonnencreme

 

Rechts: hohes Gras im Morgentau, schwebt ein Strauß elegant durch das wogende Glitzermeer

 

(Auch Kornblumen wiegen sich unweit, atmen sehr hohes Strauß-Potenzial)

 

Obwohl erst Juni herrscht, sticht die Sonne später haarscharf und verlangt nach einem hohen Lichtschutzfaktor. Je höher dieser, desto geringer der Faktor Heimweh vom Strauß. Dieser stakst nun in einer Manier in seinem verwunschenen Garten auf und ab, dass man sich nicht wundern würd, intonierte er dabei gelangweilt das coolste Lied aller Eingebildeten:

 

I'm too sexy for my shirt too sexy for my shirt so sexy it hurts

 

Mit dieser arroganten Attitüde kommt der richtige Takt für meine heutige Arbeit: ich mache mich daran, im Kindergarten der Roten Rüben das Erfolgsrezept unserer postmodernen Gesellschaft anzuwenden: Vereinzelung. Und das geht so: 1. Ellbogen ausfahren 2. Weg mit den Schwachen 3. Auf dass die Großen noch größer werden. Brutalität hat bei darbo eigentlich nichts verloren, aber zur Erntezeit wird man dann dankbar sein. So wie eben alles immer seine Zeit hat. Die Dankbarkeit. Das Wachstum. Die Schweißperle. Der weiße Gspritzte. Am Gras ziehen bringt bekanntlich gar nichts. Am nächsten Morgen wird wieder Tau drauf kullern. Und der Strauß wird sich vielleicht kurz wundern. Und danach machen wir alle wieder unbekümmert weiter

 

And I do my little turn on the catwalk yeah on the catwalk

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