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Brachmonat eben

  • Autorenbild: Admin
    Admin
  • 30. Juni 2018
  • 2 Min. Lesezeit

Es war einmal der Juni, immer schon gewesen, auch schon im Mittelalter. Und mittendrin: der mittelalterliche Mann, der den Boden, auf dem er fest und schwer stand, durch etwas, das auch dem Menschen noch nie wirklich geschadet hat, lebendig hielt, durch: Abwechslung. Oder: Dreifelderwirtschaft. „Mal tust du so viel und dann wieder gar nichts“, hatte er zu ihr gesagt und dabei vorwurfsvoll aus dem Fenster geblickt, der ausgesprochenen Wahrheit mit dem Blick in die Ferne doch noch zu entkommen versucht. Nachdem er lange Zeit nichts getan und alles sich selbst überlassen hatte, begann er im Juni mit der Bearbeitung der Brache, holte schnaufend aus und begann Luft und Leben in die faule Erde hinein zu hacken. „Immer musst du so grob sein“, hatte sie zu ihm gesagt und ihren Slip wieder hochgezogen. Man nannte diesen Monat auch den Brachmonat. Ein unübersehbares „note to myself“, das zum einen daran erinnert, dass es jetzt Zeit ist, sich um all das liegen gelassene mal wieder zu kümmern, zum anderen aber auch um auf die Gefahr hinzuweisen, dass es womöglich misslingen könnte, aus all dem jemals wieder herauszukommen, und man sich schon ein bißchen anstrengen muss, wenn man nicht will, dass sich ein Brachmonat an den anderen reiht, endlos.

Und jetzt ist schon wieder Juni, und die zeitgenössische junge Frau steht auf keinem Boden, weil sie rücklings gähnend in hellgraue Kissen hinein sinkt, zu einer Zeit, zu der es draußen immer noch hell ist, all das Licht immer ist ihr zu viel, eigentlich, viel zu viel, immer dieser Höchstand in diesem Zeitraum. Sie blättert den Bauernregelkalender um und liest „Im Juni kalt und trocken gibt’s was in die Milch zu brocken“ und kann sich eine Bedeutung schon ungefähr zusammenreimen, aber versteht eigentlich nicht ganz. Es stimmt allerdings, dass es kalt geworden ist, was ihr ganz recht ist, denn somit macht es wieder mehr Sinn, abends Kakao zu trinken, aber es ist nicht trocken, es regnet, es ist feucht, und das Feuchte ist nicht gut für ihre Knochen. Die tun ihr langsam weh, den ganzen Juni über schon hat sie sich immer und immer wieder gebückt hat, um einzelne Teile einzusammeln, sich selbst aufzuklauben, all das Versprengte, all das was barst beim unsachten Aufprall von Wunsch und Wirklichkeit, von weicher an harter Erde, Herzen.

Das ist der Juni.

Juni, das bist du.

Ich bin dein herumkrabbelnder Junikäfer und ich fliege auch bei Regen.


 
 
 

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